In aufrichtiger Trauer müssen wir das plötzliche Ableben unseres lieben Freundes, ehemaligen Spielers, Obmanns und Präsidenten des Österreichischen Handballbundes (ÖHB) Gerhard Hofbauer, bekanntgeben. Gerhard verstarb im 82. Lebensjahr.
Die Geschichte des Österreichischen Handballbundes prägte Gerhard Hofbauer wie kaum ein anderer. Unter seiner Präsidentschaft (seit 1996) feierte der ÖHB die größten Erfolge im heimischen Frauen- und Männer-Handball, wie die beiden Bronzemedaillen des Frauen Nationalteams bei der EURO 1996 und der WM 1999, sowie Platz 5 bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney.
Bei der Heim-EURO 2010 erreichte Österreichs Männerteam Rang 9, die bis dahin beste Platzierung. Diese wurde vor exakt einem Jahr bei der Heim-EURO 2020 mit Platz 8 noch übertroffen.
Sein plötzlicher Tod ist ein großer Verlust für Handball Österreich und die Handballfamilie der FIVERS. Die Erinnerung an Gerhard wird in uns allen weiter leben! Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei seiner Ehefrau, seiner Familie und alle seinen Wegbleitern.
Ein ganz besonderes Verhältnis hatte Gerhard Hofbauer zu seinem Vorgänger als ÖHB- und FIVERS-Ehrenpräsidenten, Bundesminister a.D. Erwin Lanc.
Erwin Lanc erinnert sich:
Hofbauers Vater fiel bereits zu Beginn des 2. Weltkriegs als zur Deutschen Wehrmacht Einberufener. Gerhard Hofbauer kam daher als Halbwaise zur Welt. Die solcherart alleinerziehende Mutter war kriegsdienstverpflichtet und arbeitete dann ab 1945 im Zentralsekretariat der Sozialistischen Partei. Unterernährt bekam Gerhard Lungenprobleme und wurde auf ein halbes Jahr von Pflegeeltern in Genf (Schweiz) aufgenommen und aufgepäppelt.
Zurück in Wien trat er der Gruppe Reumannhof der Sozialistischen Jugend Margaretens bei. Da habe ich ihn kenne gelernt. Der Lunge wegen wurde er zu einem Erholungsurlaub der Gewerkschaft im Kärntner „Kap Wörth“ aufgenommen.
Da nach damaliger Gesetzeslage Frauen auch nach dem Tod des Kindesvaters nicht verfügungsberechtigt über ihr Kind waren, setzte ich mich mit dem Amtsvormund wegen einer Lehrstelle nach dem Hauptschulabschluss in Verbindung. Gerhard Hofbauer sollte Goldarbeiter und Juwelier werden. Es machte ihm durchaus Spaß, aber sein Lehrherr meinte, Gerhard hätte zu wenig feinnervige Hände und sollte daher den Beruf wechseln.
Es gelang mir, den Amtsvormund von der Notwendigkeit zu überzeugen, für Gerhard eine andere Lehre – bei der Spedition Neumeister – zu finden. Dort bewährte er sich und wechselte nach der Lehre zu Shell Österreich, wodurch er auch den Kontakt zu seiner späteren Gattin Hermine, der Tochter des Mineralölfrächters Klacska, fand.
Gemeinsam mit dem Sohn des damaligen Porr-Generaldirektor Witzmann wurde er schließlich in die Geschäftsführung der OMV-Tochter Martha berufen.
Beim WAT-Margareten spielte er Großfeldhandball im Wiener Haydn-Park als respektierter und gefürchteter Abwehrspieler der damals fast ausschließlich aus dem Reumannhof stammenden Jugendmannschaft. Beim Übergang in die erste Mannschaft tat er sich schwer und wechselte zum WAT-Hetzendorf, wo sein Handballvorbild, der Nationalspieler Fojtl, tätig war.
Nach meiner Wahl in den Wiener Gemeinderat und Gründung meiner Familie, bat ich Gerhard, als Obmann des WAT-Margareten zu kandidieren. Ich musste auch meine Arbeit als Trainer der Frauenmannschaft aufgeben. Er ist mir dann später, als ich in den Nationalrat gewählt worden war – mit einer kurzen Unterbrechung durch Dr. Lauermann – als Präsident des ÖHB nachgefolgt.
Bei der nächsten Generalversammlung des ÖHB wollte er zurücktreten. Er hat es nicht mehr erlebt.
In zäher Kleinarbeit hat er, durch richtige Auswahl der engsten Mitarbeiter, dem ÖHB und dem österreichischen Handball einen Stellenwert in der Öffentlichkeit verschafft, den er seit Ende des Großfeldhandballs nie zuvor hatte. Er hat dem Handball Raum zu Selbstorganisation gegeben – sicher nicht, um eine gesamtösterreichische Liga und einen bundesweiten Bewerb der U-20 Mannschaften zu killen, denn nur aus der Breite kommt die Spitze. Das wusste Gerhard.
Seiner Gattin gilt unser Mitgefühl, unsere Trauer.
Erwin Lanc